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N O V E M B E R 2019

Nov.

07

Musik des Mittelalters (14. Jahrhundert)

Vernissage mit Musik zur Ausstellungseröffnung

„Fribourg 1300. Le siècle oublié – Das vergessene Jahrhundert“.

Do. 07. November 2019, 18:30 Uhr

Musée d'art et d'histoire MAHF, FRIBOURG, Rue de Morat 12

Interpreten
Programm

Vokalensemble

Daniel Mentes

Christopher Wattam

Serafin Heusser

René Perler
 

Willi Derungs

Novocanto

Altus

Tenor

Bariton

Bass

 

Leitung

Philippe de Vitry (1291 - 1361)

Guillaume de Machaut (um 1300 - 1377)

Motette Nr. 14 “O canenda vulgo” / Rex quem metrorum / Tenor: Rex regum

Ballade Nr. 31 “De toutes flours”

Le judgement du Roi de Navarre:

Motette Nr. 22 “Plange, regni respublica” / “Tu qui gregem tuum ducis” / Tenor: Apprehende arma et seutum et exurge

Messe de Nostre Dame: Kyrie

Rondeau Nr. 10 “Rose liz printemps verdure”

Ausstellung „Fribourg 1300. Le siècle oublié – Das vergessene Jahrhundert“.

Das Museum für Kunst und Geschichte Freiburg widmet dem 14. Jahrhundert eine eigene Ausstellung: „Fribourg 1300. Le siècle oublié – Das vergessene Jahrhundert“. Während die Zeit der Stadtgründung und das 15./16. Jahrhundert für Freiburg bestens bekannt sind, fristet das 14. Jahrhundert nach wie vor ein Schattendasein. Zu Unrecht, denn es handelt sich um eine spannende und durchaus bedeutende Epoche für die Saanestadt.

Mit dem Bau der dritten Stadtmauer sowie der Inkorporation der Quartiere Neustadt und Matte erreichte die Stadt am Ende des 14. Jahrhunderts eine Ausdehnung, die sich bis zur Erweiterung durch die Neubauquartiere des 19. Jahrhunderts nicht mehr wesentlich ändern sollte. Das erste Freiburger Bürgerbuch (1341-1416) gibt erstmals einen Überblick über die Sozialtopografie der Bürger der damals etwa 6000 Einwohner umfassenden Stadt, und die ersten Notariatsregister (ab 1350) erlauben interessante Einblicke in die Alltagsgeschichte.

Wirtschaftlich ist das 14. Jahrhundert eine Zeit des Aufbruchs, wobei die Zisterzienser des Klosters Altenryf eine wichtige Rolle spielten. Die Schafzucht setzte die Tuchproduktion in Gang, und mit den wasserbetriebenen Mühlwerken an der Saane und im Galterntal setzte um die Jahrhundertmitte die Industrialisierung ein.

Im Bereich der Wohnbauten gewannen im 14. Jahrhundert die Steinbauten gegenüber den Holzbauten den Vorrang; im Sakralbau gelangten die wichtigen, bereits im ausgehenden 13. Jahrhundert in Angriff genommen Kirchen der Pfarrei St. Niklaus, der Franziskaner und der Augustiner zur Vollendung, die das Bild der Altstadt auch heute noch wesentlich prägen. Im Zusammenhang mit dem Bau der Niklauskirche sind mit den sog. Rahn’schen Rissen im frühen 14. Jahrhundert auch erstmals Bauzeichnungen fassbar, die auf dem Gebiet der heutigen Schweiz allgemein selten sind.

Die Bildkünste standen v.a. im Dienst der Kirche. Herausragende Werke sind etwa das Ostergrab aus dem Zisterzienserinnenkloster in der Magerau, das in der Karfreitagsliturgie eine wichtige Rolle spielte, die Skulpturen am Südportal der Nikolauskirche, dem damaligen Haupteingang der Freiburger Pfarrkirche, die Pietà aus Rechthalten, ein Altarbildwerk, dessen ursprünglicher Standort nach wie vor ungeklärt ist, eine grosse Sandsteinskulptur des Hl. Silvester in der Kirche von St. Silvester, die als Gnadenbild Ziel von Prozessionen und Wallfahrten war oder die sog. Vierges ouvrantes aus Marly und Cheyres, die wie wie ein zweitüriger Schrank geöffnet werden konnte, um Szenen der Heilsgeschichte sichtbar zu machen.

Aus dem 14. Jahrhundert stammen auch die ältesten profanen und sakralen Wandmalereien Freiburgs, etwa die rätselhaften Bilder aus dem Haus Reichengasse 31, die neben Monatsbildern, kämpfenden Monstren und Rittern beim Lanzenstechen die früheste Darstellung eines sog. Kranichmenschen zeigen, oder die erst kürzlich entdeckten Bilder verschiedener Heiliger hinter dem Altar an der nördlichen Chorschulter der Niklauskirche. Auch die ältesten Glasmalereien Freiburgs stammen aus dieser Zeit, herausragend die grossformatigen Darstellungen der Heiligen Johannes und Silvester aus der Kollegiatkirche von Romont oder die Glasmalereien aus dem Chor der Klosterkirche Hauterive.

Komponisteninfos

Der ältere der beiden prägenden Komponisten des 14. Jahrhunderts im französischen Sprachraum war Philippe de Vitry. Er wurde 1291 in Vitry geboren und verstarb 1361 in Meaux. Der genaue Geburtsort ist nicht gesichert, da es mehrere Orte namens Vitry in Frankreich gibt. Vermutlich stammt er aus Vitry-en-Artois. Er galt als einer der führendsten Intellektuellen seiner Zeit und war weitherum als Diplomat, Jurist, Astronom, Komponist, Theoretiker, Dichter und als Bischof von Meaux bekannt und geschätzt. Vitry war mit  dem Mathematiker und Astronom Johannes de  Muris eng befreundet und wurde von Petrarca als "der einzig wahre Dichter Frankreichs" verehrt. Er studierte an der Pariser Sorbonne und trat wohl früh dem Klerus bei. Vitry war Sekretär am Französischen Hof unter Charles IV de Valois und diente nach dessen Tod verschiedenen Adligen, u.a. Louis de Bourbon, Herzog von Clermont. Vitry hielt sich auch mehrfach am Papsthof in Avignon auf, wo Pierre Roger, ein möglicher Studienfreund Vitrys, als Papst Klemens VI (1342-52) herrschte. Aus Vitrys Zeit als Bischof von Meaux (1351-61), einer unweit von Paris gelegenen Domstadt, ist kaum etwas bekannt. Vitry gehörte zweifelsohne zu den Grossen des Pariser Geisteslebens der Zeit. Er war hoch gebildet, vielseitig interessiert, sehr belesen und mit den klassischen Werken der Antike also auch mit dem Werk Dantes vertraut. Von seinen Werken sind nur einige kleinere Dichtungen und diverse Motetten erhalten. Für etliche Werke ist die Zuschreibung unsicher. Vitry gilt als Schöpfer der Musikepoche der ARS NOVA, der neuen Kunst in Abgrenzung zur vorherrschenden Ars Antiqua. Damit einher gehen zahlreiche Neuerungen in der Mensuralnotation und Innovationen wie die Isorhythmie, die auf die Motettenkomposition übertragen wurde. Die zweistimmigen Motetten wurden teilweise durch die Hinzufügung einer dritten Stimme, des Contratenors, klanglich erweitert und mit häufig zwei gleichzeitig gesungenen unterschiedlichen Texten versehen.

Der jüngere der beiden bedeutendsten Komponistenfiguren des 14. Jahrhunderts war Guillaume de Machaut (Machault). Er wurde um 1300 in der Gegend von Reims geboren und verstarb 1377 in Reims. In seiner Funktion war er Kleriker, Diplomat, Dichter und Komponist. Machaut könnte man als den Mozart des 14. Jahrhunderts bezeichnen, obwohl er in seinem Verständnis primär ein grosser und produktiver Schriftsteller war. Er hat ein äusserst umfangreiches literarisches Werk hinterlassen. Im Vergleich dazu ist sein musikalisches Werk geradezu bescheiden, obwohl er unbestritten der grösste Komponist seines Jahrhunderts war. Wie auch Vitry machte er in der Verwaltung Karriere, nämlich als Sekretär der Herzöge von Luxemburg. In den 1340er Jahren liess er sich als Kleriker in Reims nieder, stand aber ständig in Austausch mit vielen fürstlichen Mäzenen, denen er zahlreiche seiner Werke widmete.

Musikalisch setzte er Vitrys Innovationen fort, so dass er zum Hauptvertreter der ARS NOVA avvancierte. Die Quellenlage im Fall Machaut ist ganz im Gegensatzu zu jener Vitrys hervorragend. Mit ihm trat auch erstmals ein neuer Künstlertypus in Erscheinung, nämlich jener des selbstbewussten Künstlers und Musikers, der um seinen Status weiss. In seinen letzten Lebensjahren ordnete er sein Werk und sorgte für eine vollständige Überlieferung, was vor ihm kaum je ein Künstler mit solchem Anspruch getan hat. Machaut stand in der Trouvère-Tradition und schrieb zahlreiche weltliche Musik in französischer Sprache in den neu aufgekommenen Genres Ballade, Rondeau, Virelai und Lai. Die Motette à la Vitry führte er zu höchster Kunst und erweiterte die Dreistimmigkeit bis hin zur Vierstimmigkeit. Obwohl die Komposition liturgischer Musik weniger im Fokus des 14. Jahrhunderts stand, insbesondere auch was Neuschöpfungen von Messvertonungen betraf, gründet Machauts Ruhm heutzutage nicht zuletzt auf seine einzige Messvertonung, der Messe de Nostre Dame, (um 1360 entstanden) in der er die Vierstimmigkeit zum Prinzip einer kunstvollen Polyphonie erhob. Einmalig an diesem Werk ist, dass sämtliche Teile des Ordinariums zum ersten Mal in der Musikgeschichte aus der Hand eines einzigen Komponisten stammen. Vermutlich wurde die Messe auch nach dem Tod des Komponisten als Gedächtnismesse für ihn und seinen Bruder gesungen, die Machaut noch zu Lebzeiten bestellt hatte. Die Themen seiner Motetten und anderen Werke handeln von der Liebe, der Natur, Kriegserfahrungen und politischen Darstellungen.

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Der Eintritt zur Vernissage mit Musik ist frei!
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